Karbusicky, Vladimir
Besuch bei Cosima
Eine Begegnung mit dem alten Bayreuth.
Mit einem Fund der Briefe Cosima Wagners
ISBN 978-3-928770-96-5; 100 S., Hamburg 1997; 15,50 EUR

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Über Richard Wagner wurde und wird so viel geschrieben, daß man sich die Frage stellen muß: Kann überhaupt noch etwas Neues gesagt werden? Auch wenn diesmal Cosima Wagner im Mittelpunkt steht?

Eine zunehmende Menge Literatur gibt es über das Verhältnis zum Judentum bei Wagner und im Hause Wahnfried. Und doch gerade zu diesem Thema läßt sich Neues auffinden. Dieses Verhältnis sollte nicht ausschließlich durch das Prisma des Nationalsozialismus gesehen werden. Das wäre eine ahistorische Sichtweise.
Der Komponist Josef B. Foerster und seine Frau - die Sängerin Bertha Lauterer-Foerster - begegneten Cosima Wagner im Sommer 1893, der Tochter Franz Liszts und Frau Richard Wagners, als Gäste in der Villa „Wahnfried“ in Bayreuth. Bertha Lauterer-Foerster war von Cosima Wagner gebeten worden, die Rolle der Elsa im Lohengrin für die Festspiele einzustudieren.
Josef B. Foerster, der sich als 70jähriger anläßlich des Todes Cosima Wagners an den Besuch bei ihr erinnerte, kam nach Bayreuth als Autor der Oper „Deborah“ nach einem Sujet von Salomon Mosenthal. Das musikalisch eindrucksvolle Werk ist der Not der jüdischen Flüchtlinge vor einem Pogrom gewidmet. Und über die Oper „Deborah“ unterhielt sich Cosima im Sommer 1893 interessiert mit dem Komponisten, der bei ihr einige Wochen zu Gast war.
Die Brisanz dieses Details aus Foersters Memoiren wird noch deutlicher, wenn wir mehr über den Autor erfahren. Er war in Prag der Präsident eines Vereins Wider den Antisemitismus. Er lebte seit 1893 in Hamburg und dann in Wien, und war ein Intimfreund Gustav Mahlers, mit dem er sich nicht nur über die Musik, sondern auch über Gott und die Religion unterhielt: tolerant und verständnisvoll gegenüber dem Ringen mit dem Judentum, das Mahler in seinem Inneren auszutragen hatte. Im Zweiten Weltkrieg wurde Foerster als „Judenfreund“ denunziert.
Die Auszüge über den Besuch in der Villa „Wahnfried“ aus den Memoiren Foersters, liegen hier erstmals, souverän eingeordnet im historischen und musikgeschichtlichen Kontext von dem Herausgeber Vladimir Karbusicky, in deutscher Übersetzung vor. Ausführlich kommentiert Karbusicky Foersters Erinnerungen an die Begegnungen, würdigt das Verhältnis Wagners zu Prag und präsentiert aus dem Nachlas Josef B. Foersters im Faximile abgedruckte Briefe Cosima Wagners. Lebendig entsteht ein Bild des alten Bayreuths und des Lebens und Treibens in der Villa „Wahnfried“ wenige Jahre vor der Jahrhundertwende.
Voller Bewunderung schrieb Foerster über seinen Besuch bei Cosima:
"Wagner schrieb über sie die Worte nieder: 'Sie ist eine ganz unerhört seltsam begabte Frau. Liszts wunderbares Ebenbild, nur intelectuell über ihn stehend.'
Im Gespräch begriffen, stand sie am Klavier. Große Figur, Profil von außerordentlicher Ausdruckskraft und Energie, wie eine belebte Medaille einer Prinzessin der Renaissance, dunkles Witwenkleid, seltene Noblesse der Bewegungen, freundliches Lächeln und bezauberndes Feuer im Auge.
Besonders interessierte sich der junge Komponist für ihre Arbeitsweise. Die Schilderungen zeigen Cosima als eine Frau, die die Festspiele nach dem Tod ihres Mannes bis ins Detail - selbst beim Einstudieren der Rollen - vorbereitete; dabei Souveränität wahrend:
Frau Cosimas erstaunliches Temperament und ihre ganz außerordentliche musikalische wie allgemeine Inteligenz blendeten geradezu. (...). Ein junger Baritonist, der sich für die Rolle des Telramund vorbereitete, erzählte mir, er habe die stimmlich exponierte Stelle „Hier stehe ich - hier ist mein Schwert“ nicht weniger als zehnmal nacheinander singen müssen. Aber auch dann blieben ihm des erwünschte Lob und die Zustimmung versagt. Frau Wagner, die sich gerne auf den Meister berief, wiederholte des öfteren: „So, so hat es sich Richard gewünscht...“ - und sang die betreffende Stelle mit bewundernswertem Ausdruck vor. Der müde Sänger, der mit aller Kraft versuchte, den wünschenswerten Ausdruck zu erreichen, verlor plötzlich das innere Gleichgewicht und schleuderte den Klavierauszug in das Klavier. Frau Wagner sah ihn mit unwandelbarer Ruhe an und bemerkte bloß, als verstünde sie nicht: 'Sind Sie müde? Ich danke Ihnen, morgen wollen wir fortsetzen'."

Der Komponist Josef B. Foerster und seine Frau - die Sängerin Bertha Lauterer-Foerster - begegneten Cosima Wagner im Sommer 1893, der Tochter Franz Liszts und Frau Richard Wagners, als Gäste in der Villa "Wahnfried" in Bayreuth. Die Auszüge über den Besuch in der Villa "Wahnfried" liegen hier erstmals in deutscher Übersetzung vor.

Dazu erfährt der Leser in konzentrierter Form einiges Wissenswertes zur Wagner-Rezeption ...
Festspielnachrichten des Nordbayerischen Kuriers

 

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